2013_Wettbewerb_

Hessischer Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk 2013 

 

Hessischer Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk auf der Tendence 2013 verliehen

 
Im Fokus: Filigrane Oberflächen und funktionales Design


Die Preisträger 2013: Metallgestaltung Hebach & Kloess, Schmuckgestalterin Beate Pfefferkorn und Objektdesigner Adam Ryl

Der 1. Preis ging an Sophie Kloess und Jan Hebach. Foto: Messe Frankfurt GmbH

Am Montag, 26. August 2013 wurde der Hessische Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk auf der internationalen Konsumgütermesse Tendence verliehen. Bereits zum 63. Mal würdigte der mit insgesamt EUR 8.000,- dotierte Preis das künstlerische Schaffen von Kunsthandwerkern. Alle drei Preisträger, die die fünfköpfige Jury in diesem Jahr auswählte, gehören zu den Nachwuchstalenten, die ihre Arbeiten bei „Talents Modern Crafts" oder „Talents Carat" auf der Tendence zeigen. Der erste Preis ehrt Sophie Kloess und Jan Hebach aus dem Atelier für Metallgestaltung. Der zweite Preis ging an die Diplom-Designerin und Schmuckgestalterin Beate Pfefferkorn. Der dritte Preis für innovatives künstlerisches Schaffen zeichnete den Objektdesigner Adam Ryl aus. „Der Hessische Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk ist sowohl für Kunsthandwerker als auch für Designer ein echtes Gütesiegel. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Auszeichnung zu einem unentbehrlichen Aushängeschild für das deutsche Kunsthandwerk im Allgemeinen und insbesondere für dessen Preisträger entwickelt. Daneben geben sowohl die Verleihung als auch die Präsentation der Gewinnerprodukte auf der Tendence wichtige Impulse an Handel und Hersteller", so Detlef Braun, Geschäftsführer der Messe Frankfurt.


Die Auszeichnungen wurden durch Florian Rentsch, MdL, Staatsminister im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, und Detlef Braun in einer Feierstunde in der Galleria 1 auf der Tendence 2013 übergeben. Rentsch sieht den Hessischen Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk als einen „Beitrag die Kunst in Hessen wirtschaftlich zu stärken und wirksam zu präsentieren. Der kulturelle Wert und die wirtschaftliche Bedeutung des deutschen Kunsthandwerks sollen in ihrer ganzen Breite gewürdigt werden." Er bezeichnete die Messe Frankfurt als ideale Plattform und erfolgversprechendes Marketinginstrument für das deutsche Kunsthandwerk und dankte den Mitwirkenden für die gute Zusammenarbeit.


1. Preis: Überzeugendes Produktkonzept,
Hebach & Kloess, Atelier für Metallgestaltung, Hildesheim

Handgeschmiedete Messer von Jan Hebach

Die Ateliergemeinschaft von Jan Hebach und Sophie Kloess in Hildesheim hat mit ihren Silber- und Stahlobjekten den ersten Preis gewonnen. Die Jury zeigte sich überzeugt von dem Produktkonzept der beiden Designer: Ihre Arbeiten zeigen ein gelungenes Zusammenspiel von Formentwicklung, Materialauswahl und Oberflächenbearbeitung. Die stringente Ausführung von Gebrauchsgegenständen erreiche, so die Jury, eine hohe Funktionalität mit großem ästhetischen Anspruch.
Kloess ist Goldschmiedin und Absolventin der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim, an der auch Hebach, Autodidakt in der Metall- und Schmiedearbeit, sein Diplom erwarb. Beide arbeiten in reduzierter Formgestaltung mit intensivem Blick auf die spätere Anwendung der Objekte. Linien sollen die Funktion unterstreichen, aber auch Ausdruck verleihen und dem Gegenstand „einen Geist einhauchen", so Hebach. Durch die aufwändige Bearbeitung geben sie dem Material etwas Sinnliches und schaffen so ein Werk, das mit dem britischen Ausdruck von „Arts & Crafts" gut beschrieben ist und ihren hohen Anspruch an Design und Perfektion ausdrückt.
„Es passiert viel während des Entwurfs, das ist unsere Stärke", so Hebach. Während der Fertigung fließen Stimmungen und Gefühle mit ein, was zum Beispiel beim Zeichnen einer Linie am Computer nicht geschehe. Ein Beispiel für die hohe Funktionalität der Messer in Stahl und Damaszenerstahl sind die nahezu fließenden Übergänge zwischen Heft und Klinge, welche der Handhabung eines Messers entgegenkommen: „...denn bei der Nutzung eines Messers setzen die Finger meist auf der Klinge auf und können so die Bewegung besser ausführen".
Kloess widmet sich in ihren Objekten verstärkt der Silberkunst. Das Material bringe eine „besondere Spannung in die Form" und erlaube sehr exaktes Ausarbeiten. Die Geste, die Bewegung der späteren Nutzung, denkt Kloess bei der Fertigung von Anfang an mit.

 


2. Preis: Zusammenspiel einzelner Porzellanteile
Beate Pfefferkorn, Schmuckgestalterin, Dresden

Beate Pfefferkorn, Collier

Beate Pfefferkorn, Collier

Der zweite Preis ging an die Diplom-Designerin und Schmuckgestalterin Beate Pfefferkorn. Die Jury zeichnete ihren Porzellanschmuck aus, „der sich durch ein subtiles Farbgefühl und eine feine Oberflächengestaltung" hervorhebt.
„Es gibt Momente im Leben, da ist alles ganz klar", so Pfefferkorn. Schon sehr früh entdeckte die talentierte Schülerin ihre Liebe zum künstlerischen Umgang mit Objekten und zum Spiel mit Materialien. Innerhalb des Keramikstudiums an der Burg Giebichenstein in Halle wählte Pfefferkorn das Porzellan als ihr Arbeitsmaterial. Sie versteht Porzellan als ein formgebendes Element, das fein, dicht und zunächst schneeweiß ist. Glasur trägt Pfefferkorn auf die Objekte auf, um Glanz zu erzeugen; die Farbnuancen entstehen durch Einfärben der Porzellanmasse. Die in Dresden lebende, freischaffende Schmuckdesignerin legt Wert darauf, dass die Schmuckstücke handwerklich gefertigt sind und die individuelle Bearbeitung und Handschrift sichtbar bleibt.
In ihren kleineren, auch im Alltag tragbaren Schmuckobjekten fertigt Pfefferkorn Dolden aus Kugeln unterschiedlicher Größe. Mit Reliefs versehene Kettenteile werden über filigrane Trägersysteme miteinander verbunden. Ihr Arbeitsprozess baut stets auf den Einzelteilen auf: Die Designerin fügt die Stücke so lange zusammen und kombiniert sie neu, bis sie schließlich zu ihrer Form findet.
Die großen Schmuckobjekte zeigen einen ritualisierten Gebrauch von Schmuck, angelehnt an ethnografische und mythologische Motive. Sie bilden einen geschlossenen Kreis um Hals und Nacken und bestechen durch den Rhythmus und das Zusammenspiel der einzelnen, aus Porzellan gefertigten Stücke: „Die Teile sind unterschiedlich, aber ähnlich. Sie funktionieren nur in der Gemeinschaft, in der Gruppe, als Ganzes."

 

Sonderpreis für innovatives künstlerisches Schaffen:
Schweißdraht in bisher unentdeckter Schönheit,
Adam Ryl, Objektdesigner, Hessen

Adam Ryl, Metallobjekt, Foto: Messe Frankfurt GmbH

Adam Ryl, Metallobjekt

Der Metallkünstler Adam Ryl ist mit dem Preis für innovatives künstlerisches Schaffen ausgezeichnet worden. Der seit 1996 an der Werkakademie für Gestaltung Hessen tätige Dozent verarbeitet Schweißdrähte und schafft durch eine von ihm selbst entwickelte Schweißmethode „innovative Metallgefäße mit granulatartigen Oberflächen". Diese, so die Jury, wandeln „sich vom Gebrauchsgegenstand zum Kunstobjekt".
Ryl ist gebürtiger Pole und entwickelt in seiner Arbeit eine alte Schweißtechnik weiter: „Wenn wir uns darauf besinnen, was wir haben, können innovative Ideen entstehen." Dies geschieht bei Ryl durch die Transformation des Schweißdrahtes: dieser bildet, sobald er abgeschmolzen ist, einen Schweißpunkt - eine Art Schweißperle. Aufbauend auf diesem Punkt schafft er eine Plastik, die Stück für Stück wächst und Form annimmt. Der verwendete Werkstoff Stahl löst sich förmlich auf und gewinnt an Leichtigkeit.
Dieser spielerische Umgang mit der Formsuche bringt Ryl dazu, nicht nur selbst zu experimentieren und offen zu sein für die entstehende Gestalt, sondern auch die Betrachter zu überraschen. Einige der anthrazitfarbenen Objekte erinnern an Naturobjekte mit Rundungen und kokonartigen Windungen, andere sind eher aufnehmende Gefäße mit irritierender Stofflichkeit. Um einen Kontrast zu schaffen, poliert er den Stahl an einigen Kanten oder Flächen und setzt somit Akzente. Es scheint, als verkörpere Adam Ryl seine Kunst: „Das ist eine Handschrift, die mir nicht mehr genommen werden kann. Leute verbinden das mit mir."

 


Die Jury
Die fünfköpfige Jury bestand in diesem Jahr aus der freien Modejournalistin Ute B. Fröhlich, der Innenarchitektin und Möbeldesignerin Viola Herr, der Glasschleiferin und Staatspreisträgerin aus dem Jahr 2012 Gabriele Küster, sowie Lutz Schell-Peters, Leiter der Werkakademie Kassel und Prof. Dr. Schmidberger, ehemaliger Kustos der Staatlichen Museen Kassel und Professor h.c. für Designgeschichte an der Universität Kassel.

 


Der Hessische Staatspreis
Der Hessische Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk wurde 1951 als erster Staatspreis in Deutschland auf Anregung von Kunsthandwerk Hessen e. V. vom damaligen Hessischen Ministerpräsidenten Georg August Zinn gestiftet. Er wird traditionell im Rahmen der Frankfurter Konsumgütermesse Tendence verliehen.