2012_Wettbewerb_

Hessischer Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk 2012

 

 

Hessischer Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk auf der Tendence 2012 verliehen

 
Konzentration auf Farbe und Form


Die Preisträger 2012: Gabriele Küstner, Glaskunst, Deborah Rudolph, Schmuckdesign, und Gabriele Franke, Unikatmode

Foto: Messe Frankfurt GmbH

Am Montag, 27. August 2012, wurde zum 62. Mal der Hessische Staatspreis für Kunsthandwerk auf der internationalen Konsumgütermesse Tendence in Frankfurt verliehen. Auch in diesem Jahr wurden wieder drei Künstler und Designer mit dem Preis geehrt. Die Erstplatzierte ist die Glasgestalterin Gabriele Küstner, die zweite Auszeichnung des ältesten Staatspreises Deutschlands ging an die Schmuckdesignerin Deborah Rudolph, den dritten Preis erhielt die Gestalterin von Unikatmode Gabriele Franke. Dotiert ist der Preis mit insgesamt 8.000 Euro. Die Auszeichnungen wurden durch Florian Rentsch, Staatsminister im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und Detlef Braun, Geschäftsführer der Messe Frankfurt, übergeben.

In diesem Jahr bestand die fünfköpfige Jury aus Prof. Werner Schulze-Bahr, unter anderem ehemaliger Professor, Gründungs- und Fakultätsdekan der Akademie für Industrielle Formgebung AIVE in Eindhoven/Holland, Prof. Dr. Eckehard Schmidberger, ehemaliger Kustos der staatlichen Museen Kassel sowie Professor h.c. für Designgeschichte an der Universität Kassel, Uta M. Klotz, Chefredakteurin der Fachzeitschriften Kunsthandwerk & Design sowie Neues Glas, Jörg Ferchlandt, Marketingberater, und Julika Müller, Schmuckgestalterin und Staatspreisträgerin von 2011.

1. Preis: Gabriele Küstner, Glaskunst
Grundlage der Glasobjekte von Gabriele Küstner ist eine alte bereits in römischen Zeiten praktizierte Technik zur Herstellung von Glasmosaiken. Kennengelernt hat die Glasgestalterin diese Technik schon im Rahmen ihrer Ausbildung an der Staatlichen Glasfachschule Hadamar, die sie von 1981 bis 1984 absolvierte. Zur Herstellung der aus Glasmosaiken entwickelten Objekte werden transparente Glasstäbe bemalt, in Segmente geteilt und diese Segmente miteinander verschmolzen. Der individuelle Charakter der Objekte wird durch den besonderen Schliff des Glases noch einmal verstärkt.
„Farbe war schon immer wichtig für mich", sagt die 1958 in Göttingen geborene Gabriele Küstner. Die intensive Farbigkeit ist somit markantes Merkmal der Glasobjekte, die ihre Einzigartigkeit durch den Schliff und die besondere Haptik erhalten. Die Ornamentik bleibt in den Glasobjekten weitgehend gleich. In ihrer Arbeit hat Küstner die alte Technik „enorm weiterentwickelt" bis hin zu der Form, die heute erreicht ist. Auch wenn sie aktuell nicht mehr bewusst an dieser Technik arbeitet, entwickelt sie sich doch immer weiter, „manchmal merkt man es selber nur nicht." Vor allem in den Wandarbeiten von Gabriele Küstner zeigt sich derzeit dieser Wandel. „Hier kann größer gearbeitet werden", kommentiert Küstner ihre Werke. Glaskunst bis hin zu einer Breite von zwei Metern hat sie auf diese Weise schon hergestellt.
Seit 1990 hat Gabriele Küstner eine eigene Werkstatt im Künstlerhaus in Göttingen. Durch zahlreiche nationale wie internationale Ausstellungen und Auszeichnungen hat sie „auch im Ausland gut Fuß gefasst." Ausgestellt wurden ihre Arbeiten beispielsweise in der William Traver Gallery, Tacoma/USA, in der Internationalen Glasausstellung der Handwerksform Hannover oder im Tittot Glass Art Museum, Taipeh/Taiwan. Küstner gehört zu den regelmäßigen Preisträgern der Award Exhibition der Habatat Galleries Royal Oak, Michigan/USA, und erhielt unter anderem 2000 den Bayerischen Staatspreis im gestaltenden Handwerk. Neben ihrer gestalterischen Arbeit ist sie regelmäßig als Lehrbeauftragte tätig.

2. Preis: Deborah Rudolph, Schmuckdesign
Dass die Freiheit und die Weite, die Steine ausdrücken, in Schmuck zu fassen sind, hätte Deborah Rudolph zunächst nicht gedacht. In ihrem Studium in Idar-Oberstein (FH Trier) kam sie im Rahmen der pflichtgemäßen Beschäftigung mit dem Thema Stein aber zu einem anderen Ergebnis. Heute lässt sie der Stein nicht mehr los. In ihren Arbeiten betont sie den natürlichen Charakter der Steine: „Steine sind von Natur aus so schön, warum muss man sie dann verändern?", beschreibt sie ein Element ihrer Herangehensweise.
Deborah Rudolph, 1980 in Halle an der Saale geboren, gestaltet ihren Unikatschmuck und die Kleinserien aus rohen Steinen. „Ich habe ein Faible für Steine, die als nicht so wertvoll angesehen werden. Für mich sind gerade Einschlüsse und Strukturen interessant, die sonst nicht erwünscht sind." Zu Beginn hat Rudolph oft in Schwarz-Weiß, beispielsweise mit schwarzer Jade, gearbeitet, „Farbe war nicht so mein Ding", aber inzwischen ist sie auch zur Farbe gekommen: „Was man nicht so mag, reizt besonders", kommentiert die Schmuckdesignerin. Dies trifft auch für das Schleifen der Steine zu: „Man muss sich intensiv damit auseinandersetzen und kommt eventuell zu anderen Ergebnissen als andere."
Seit 2011 arbeitet Deborah Rudolph selbständig mit einem eigenen Atelier in Offenbach. Ihr Studium schloss sie 2010 mit einem 1,0er Diplom an der FH Trier für Edelstein- und Schmuckdesign ab. Zuvor hat sie von 2002 bis 2005 eine Ausbildung an der Goldschmiedeschule in Pforzheim durchlaufen. Seit 2010 ist Deborah Rudolph mit ihren Arbeiten auf nationalen und internationalen Ausstellungen vertreten. Als Auszeichnungen konnte sie beispielsweise den „Talente"-Preis der Handwerkskammer in München und den Marzee Graduate Price, Nijmegen, entgegen nehmen.

3. Preis: Gabriele Franke, Unikatmode
Seide und Leinen sind die bevorzugten Materialien von Gabriele Franke, aber Berührungsängste zu modernen Geweben hat die Modegestalterin dennoch nicht. Wichtig ist die strenge Einfarbigkeit und der konsequente Verzicht auf Muster in den Arbeiten von Gabriele Franke, die besonderen Wert auf komfortable Trageeigenschaften legt und auf die Langlebigkeit ihrer Produkte. Das drückt sich auch in der Zeitlosigkeit der Gestaltung aus: „Mit den einfachen Formen und geraden Linien versuche ich, in der Bauhaustradition zu wandeln", so die Gestalterin. Als eine Grundphilosophie zitiert sie gerne Albert Einstein mit dem Satz: „Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, aber nicht einfacher." Mit dem Blick auf ihre von hoher Kontinuität im Design gekennzeichneten Arbeiten muss sie einräumen, dass „es nicht einfach ist, das Einfache gut zu machen."
Gabriele Franke, geboren 1950 in Großräschen/Brandenburg, kam als Quereinsteigerin zur Modegestaltung. Nach dem Studium der Soziologie und Bibliothekswissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin und einigen Praxisjahren erfolgte 1985 der Berufswechsel. Ihre Neigung zum Modedesign und der Textilkunst hatte Gabriele Franke aber bereits seit 1980 nebenberuflich umgesetzt. Unterstützung erfuhr sie dabei durch die Anerkennung des Verbandes Bildender Künstler in der DDR. Seit 2001 lebt und arbeitet Gabriele Franke in Mannheim, wo sie auch ein eigenes Atelier hat.
„Anerkennung ist für Quereinsteiger besonders wichtig", so Franke, die seit 1985 regelmäßig an Ausstellungen in vielen Orten Deutschlands teilnimmt. Die Arbeiten der bekennenden Pragmatikerin werden seit 2000 regelmäßig in der Sonderausstellung FORM präsentiert. Im Jahr 2008 wurden die textilen Unikate von Gabriele Franke außerdem auf einer Ausstellung mit Modenschau in der Deutschen Botschaft in Muscat/Oman gezeigt.


Preis mit Tradition
Der Hessische Staatspreis wurde 1951 als erster Staatspreis in Deutschland auf Anregung von Kunsthandwerk Hessen e. V. vom damaligen Hessischen Ministerpräsidenten Georg August Zinn gestiftet. Er wird traditionell im Rahmen der Frankfurter Konsumgütermesse Tendence verliehen.